Volle Gleichberechtigung für Familien erfordert eine Mutterschaftsanerkennung

Die Jungen Liberalen Bochum fordern die nordrhein-westfälische Landesregierung auf, über eine Gesetzesinitiative im Bundesrat auf eine Anpassung des § 1592 BGB hinzuwirken. Wir fordern im Sinne der Gleichberechtigung der Geschlechter die Einführung der Möglichkeit einer Mutterschaftsanerkennung, so wie bereits jetzt Männern eine Vaterschaftsanerkennung möglich ist. Dazu sind folgende redaktionelle Anpassungen vorzunehmen:

Änderung der amtlichen Überschrift von „Vaterschaft“ in „Elternschaft“.

Der bisherige Wortlaut der Norm firmiert mit Ausnahme von § 1592 Nr. 3 BGB zukünftig als § 1592 I Nr. 1 u. 2 BGB.

Der zukünftige § 1592 I BGB wird nach der Formulierung „Vater“ um den Zusatz „oder Mutter“ ergänzt.

Die Formulierung „der Mann,“ im zukünftigen § 1592 I BGB wird ersetzt durch die Formulierung „die Person,“

Das jeweils erste Wort der Nr. 1 u. 2 des zukünftigen § 1592 I BGB werden ersetzt durch das Wort „die“.

Die Formulierung „Vaterschaft“ im künftigen § 1592 I Nr. 2 BGB wird ersetzt durch die Formulierung „Elternschaft“.

Ergänzung des zukünftigen § 1592 I Nr. 1 BGB um die Formulierung „…oder“.

Streichung der Formulierung „…oder,“ am Ende des zukünftigen § 1592 I Nr. 2 BGB.

Der bisherige Wortlaut des § 1592 Nr. 3 BGB firmiert zukünftig als § 1592 II BGB und wird zu Beginn ergänzt durch die Formulierung „Vater eines Kindes ist der Mann“.

Ein neuer § 1592 BGB würde damit folgendermaßen aussehen: 23 § 1592 Elternschaft. (1) Vater oder Mutter eines Kindes ist die Person, 1. die zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder 2. die die Elternschaft anerkannt hat. (2) Vater eines Kindes ist der Mann, dessen Vaterschaft nach § 1600d oder § 182 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gerichtlich festgestellt ist. Folgeparagraphen sind auf Grundlage des neu formulierten § 1592 BGB entsprechend anzupassen.

 

Begründung:

Am 30. Juni 2017 hat der Bundestag die sog. „Ehe für alle“ beschlossen. Mit dem „Gesetz 33 zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts“ und der darin liegenden Reform des § 1353 I BGB ist es somit auch homosexuellen Paaren seit dem 01. Oktober 2017 möglich, eine Ehe zu schließen. Die „Ehe für alle“ stellte einen wichtigen Schritt beim Abbau von gesetzlicher Diskriminierung gegenüber homosexuellen Paaren dar. Trotzdem liegt nach wie vor noch keine vollkommene Gleichstellung homosexueller Paare vor dem Gesetz vor. So gilt gem. § 1592 Nr. 1 BGB eine gesetzliche Vermutung zugunsten des Mannes, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist. Diese Regel folgt dem alten römisch-rechtlichen Grundsatz „pater vero est, quem nuptiae demonstrant“. Es mag ohne Zweifel im Sinne des Kindeswohls liegen und zu mehr Rechtssicherheit führen, eine solche dauerhafte rechtliche Bindung wie die Ehe (bzw. die Verantwortungsgemeinschaft, wie sie die Freien Demokraten fordern) als Vermutung für die Vaterschaft ausreichen zu lassen. Wenn aber Mann und Frau dafür Verantwortung übernehmen können, die dauerhafte Sorge für ein Kind zu tragen, so ist dies in gleichem Maße auch zwei Personen des gleichen Geschlechts möglich, spätestens mit der Einführung der „Ehe für alle“ hat der Gesetzgeber dies unmissverständlich signalisiert.
§ 1592 Nr. 2 BGB gestattet es einer männlichen Person, die Vaterschaft eines Kindes kraft Gesetz anzuerkennen, §§ 1594 ff. BGB. Der Regelfall ist sicherlich der, dass keine Ehe zwischen Vater und Mutter vorliegt, der anerkennende Vater gleichwohl aber der biologische Erzeuger des Kindes ist. Trotzdem bedarf es – neben dem Nichtbestehen einer anderen Vaterschaft an dem Kind – bloß der Zustimmung durch die Mutter, § 1595 I BGB. Es ist damit also keineswegs ausgeschlossen, dass sich die Mutter bei der Wahl des Vaters nicht zwingend an der Abstimmung des Kindes orientiert, vielmehr hat sie die Möglichkeit, sich im Sinne des Kindeswohls für den Mann zu entscheiden, der etwa mit diesem bisher längere Zeit verbracht hat und durch die entstandene Bindung eine faktische Vaterrolle eingenommen hat (sog. „sozialer Vater“). Wenn also eine genetische Kontrolle der Abstammung nicht zur Anerkennung notwendig ist, gibt der Gesetzgeber damit unmissverständlich zu verstehen, dass die Elternkonstellation primär zum Wohle des Kindes gestaltet werden sollte. Eine solche Konstellation kann in unserer modernen Gesellschaft auch in einer Mann/Mann- bzw. Frau/Frau-Konstellation bestehen. Es liegen bis heute keinerlei Nachweise vor, dass das Großwerden eines Kindes bei einem gleichgeschlechtlichen Paar dem Kindeswohl abträglich wäre. Selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel, die mit der Aufhebung der Fraktionsdisziplin in der o.g. Debatte um die „Ehe für alle“ zwar erst den Weg möglich machte, in der Sache selbst aber gegen das Gesetzesvorhaben stimmte, bezieht inzwischen die Stellung, dass das Aufwachsen eines Kindes bei homosexuellen Eltern nicht im Widerspruch zu dessen Wohl steht. Insbesondere im Hinblick auf die bereits erfolgte Gleichsetzung aller Ehepartnerschaften wirkt eine solche Privilegierung von Männern überholt. Diese Privilegierung mögen manche mit dem Argument abtun, die Partnerin der Mutter könne das Kind ja adoptieren. Eine solche sog. Stiefkind-Adoption ist allerdings erst nach einer wahren Tour de Force möglich. Voraussetzungen sind neben einer einjährigen Wartefrist nach Eingehung der Ehe ein mehrseitiger Aufsatz über Themen wie vorherige Beziehungen und Bindungsfähigkeit, regelmäßige Kontrollen durch das Jugendamt sowie Atteste des Hausarztes über seelische Stabilität und Drogenabstinenz. Eine solche Elternschaft kann nicht als vollwertig angesehen werden, sondern allenfalls als Elternschaft 2. Klasse. Betroffene Paare bezeichnen ihre Situation als „demütigend“.
Da von der Neuregelung nicht nur homosexuelle Paare, sondern auch Mann-zu-Frau-Transsexuelle profitieren, wird auch die Akzeptanz von Transgender-Personen gestärkt.